Das Konzert
Am nächsten Tag kaufte ich das Stadtmagazin.
Ich fand einen Club, in dem am nächsten Freitag eine Gruppe mit dem Namen Beatinstitution auftreten sollte.
Ich rief die Assistentin an und fragte sie, ob sie Lust hätte, mit mir in den Musikclub zu gehen. Sie willigte ohne zu zögern ein. Wir verabredeten uns in einem Restaurant in der Nähe zum Essen. Sie trug diesmal ein sehr schönes, ihre schlanke Figur betonendes, schwarzes Kleid, mit einem eher unauffälligen Dekolleté. Sie war etwas stärker geschminkt als beim letzten Treffen.
Ich bestellte eine Karaffe Rosé und Mineralwasser. Sie blätterte unschlüssig in der Speisekarte, entschied sich dann aber für die Linguine mit Steinpilzen. Ich brauchte nicht lange zu überlegen und bestellte wie immer ein Pizza „Margherita“.
Es kam ein angenehmes Gespräch zustande, und sie lachte einige Male über meine Bemerkungen. So gegen 11.00 Uhr verlangte ich die Rechnung, und wir verließen das Lokal. Sie fragte mich, ob es denn nicht zu spät für ein Konzert wäre. Ich lächelte und antwortete, dass wir vielleicht die ersten Besucher sein könnten.
Wir betraten den schwach erleuchteten Club und gaben unsere Mäntel an der Garderobe ab.
Der Raum, in dem sich die Bühne befand, war noch fast leer. Es lief gerade ein unbekannter Song von Buddy Holly. Auf einer Wand wurde die Videoprojektion eines amerikanischen Films aus den Fünfzigern gezeigt. Auf einem Podest legte eine attraktive Brünette Platten auf. Ich bemerkte, dass meine Begleiterin überrascht zur DJane hinüber sah, sich dann aber sofort wieder von ihr abwandte. Diese war mit ihren Platten beschäftigt und hatte davon nichts mitbekommen.
Wir gingen in einen Nebenraum, in dem sich eine Bar befand, in der auch geraucht wurde. Hier hatten sich schon einige Besucher eingefunden. Am Tresen waren aber noch zwei Hocker frei. Ich fragte meine Begleiterin, was sie trinken möchte. Sie nahm die Karte, die vor ihr lag, und entschied sich für ein Glas Prosecco mit Aperol. Ich bestellte einen Cuba Libre. Ihr Blick glitt über das in der Bar angehäufte Sammelsurium von Gegenständen, die dem Raum eine gemütliche Atmosphäre verliehen.
Wir hatten etwa eine halbe Stunde in der Bar verbracht, als zu meiner Überraschung der junge Mann den Raum betrat, den ich vor wenigen Tagen nachts zur Firma „Nitrobiotec“ begleitet hatte. Er kam an den Tresen und bestellte ein Bier. Er trug ein anderes Jackett als bei unserer letzten Begegnung, aber auch dieses war im Stile der Sechziger Jahre geschnitten. Ich sah etwas länger zu ihm hinüber, so dass meine Begleiterin aufmerksam wurde. Nachdem sie meinen Blicken gefolgt war, wandte sie sich sofort wieder ab. Ich fragte sie, ob sie den jungen Mann kenne. Sie wirkte sehr unsicher, als sie das verneinte. Der Raum leerte sich, weil offensichtlich das Konzert begonnen hatte. Wir folgten den anderen in den Raum mit der Bühne. Die Band hatte zu spielen begonnen, und wie man hier sieht, war das Publikum begeistert.
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Meine Begleiterin sah sich im Raum um, und ich bemerkte, dass ihr Gesicht erstarrte. Sie schien einige Zeit bewegungsunfähig zu sein. Offensichtlich kannte sie viele der Anwesenden. Als sie ihre Fassung wieder gewonnen hatte, ging sie zum Ausgang. Ich folgte ihr. Sie zog ihre Garderobenmarke hervor und verlangte nach ihrem Mantel. Ich fragte, ob es ihr gut gehe. Sie antwortete nicht und verließ den Club. Ich folgte ihr nach draußen.
Sie rang um Fassung. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, sagte sie, dass sie diese laute Musik überhaupt nicht vertragen könne und dass ihr vom Rauch und dem Alkohol schlecht geworden sei. Ich fragte, ob ich sie nach Hause begleiten dürfe. Sie lehnte das ab und nahm eine der Taxen, die vor dem Club warteten. Ich ging wieder hinein und hörte mir das Konzert bis zum Schluss an.
Am nächsten Tag rief ich die Assistentin an und fragte, ob es ihr besser ginge. Sie bejahte das, sagte aber, dass sie in Moment viel mit ihrer Arbeit zu tun hätte. Auf meine Frage, ob ich sie wiedertreffen könne, antwortete sie nach einigem Zögern: “Später“.